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NAWEND - Eine naturverträgliche Energiewende funktioniert

Gemeinsam gut leben statt grenzenlos maximieren 

GLOBAL 2000 und WWF Vision für eine dekarbonisierte Energiezukunft

Als Österreichs unabhängige Umweltschutzorganisationen setzen wir, GLOBAL 2000 und WWF, uns seit Jahrzehnten für den Umwelt- und Naturschutz ein. Durch weitreichende Kampagnen, Initiativen, Kooperationen und Lobbying schaffen wir Bewusstsein und Handlungsoptionen in der Bevölkerung, der Politik und der Wirtschaft für die derzeit größten Bedrohungen unserer gemeinsamen Lebensgrundlagen – die globale Erderhitzung und den dramatischen Verlust der biologischen Vielfalt. Mit dem Szenario NAWEND – Naturverträgliche Energiewende - im Projekt zusammEn2040 wollen wir einen naturverträglichen Pfad zu einem klimaneutralen Österreich aufzeigen, der auf Kreislaufwirtschaft, geringstmöglichem Energieverbrauch und einem naturverträglichen Ausbau erneuerbarer Energien beruht.

Ziel der Studie ist es einen funktionierenden Pfad zum Klimaneutralitätsziel 2040 abzubilden, der im Einklang mit dem Schutz der Umwelt und dem Erhalt der Industriestruktur Österreichs steht. Dabei ist das Thema „Energieverbrauchsreduktion durch Suffizienz & Effizienz“ von zentraler Relevanz für die Weiterentwicklung zu einem umweltverträglichen Wirtschaftssystem. Durch steigenden Konsum und kontinuierliches Wirtschaftswachstum nimmt bisher auch der Energie- und Ressourcenverbrauch drastisch zu – mit negativen Auswirkungen auf Umwelt, Menschen und Klima in Österreich und weltweit. Im NAWEND-Szenario soll deshalb im Bereich Industrie ein Pfad vorgezeichnet werden, der ab 2030 quantitatives Wachstum - auf Basis von immer mehr Ressourcen- und Energieverbrauch - durch eine qualitative Wirtschaftsentwicklung ersetzt. Eine konsequente Mobilitätswende den nichtmotorisierten Verkehr bevorzugt und motorisierten Verkehr elektrifiziert sowie flächendeckende, tiefgreifende Gebäudesanierung ergänzen den Energiesparpfad.

Vor diesem Hintergrund wurden folgende zentrale Thesen im Projektfortlauf entwickelt, die unter Verwendung des Energiesystemmodells der APG quantifiziert und untersucht werden konnten:

Ergebnisse auf einen Blick

Umweltverträgliche Energiewende gelingt durch Suffizienz und Kreislaufwirtschaft

Eine qualitative Wirtschaftsentwicklung aufbauend auf Kreislaufwirtschafts- und Suffizienz-/Effizienz-Strategien kann den Energie- und Ressourcenverbrauch Österreichs reduzieren und das Erreichen des österreichischen Klimaneutralitätsziels bis 2040 in nachhaltiger und umweltverträglicher Weise ermöglichen. Dabei wird zudem die Auslandsabhängigkeit massiv reduziert – dies trägt maßgeblich zur Versorgungssicherheit bei.

Klima- und Naturschutz durch ressourcenschonenden Energie-Infrastruktur Ausbau

Klima- und Naturschutz müssen miteinander gedacht und umgesetzt werden. Durch einen ressourcenschonenden Zugang kann der notwendige Ausbau der Erneuerbaren, der Netze und der Speicher gelingen und gleichzeitig können ausreichend Flächen und Flussstrecken für Naturschutz, Hochwasserschutz, CO2-Speicherung u.a. Ökosystemleistungen genutzt werden. 

Reduktion Energie- und Ressourcenverbrauch in der Industrie durch Suffizienzstrategien

Die Umstellung auf energieeffiziente Prozesse und erneuerbare Energien alleine ist unzureichend, um die Industrie zu dekarbonisieren. Dem stetig steigende Ressourcen- und Energieverbrauch energieintensiver Prozesse muss durch Suffizienz-Strategien basierend auf verlängerten Produktlebenszeiten, verbesserter Reparierbarkeit und konsequenter Kreislaufwirtschaft entgegengewirkt werden.

Gesamthaftes Konzept für Gelingen der Mobilitätswende notwendig

Um die Mobilitätswende zu meistern, bedarf es eines gesamthaften Konzepts. Die Fahrleistung im Individualverkehr soll durch die vermehrte Nutzung des ÖV und alternativer Mobilitätskonzepte, die auch den nichtmotorisierten Verkehr stärken, kontinuierlich sinken. Durch die Elektrifizierung des verbleibenden Fahrzeugbestands sowie eine Verlagerung des Straßengüterverkehr auf die Schiene wird die Dekarbonisierung erreicht und der Energieverbrauch sinkt drastisch.  

Ausstieg aus Fossilen und Sanierung ermöglichen Dekarbonisierung des Gebäudesektors

Hocheffizienter Neubau, Urbanisierung sowie eine hohe Sanierungsrate tragen zu einer reduzierten Energie- und THG-Bilanz des Gebäudebestands bei. Ein vollständiger Umstieg von fossilen Heizformen basierend auf Öl und Gas auf erneuerbare und Fernwärme ist unabdingbar für die Energiewende.


Annahmen für die GLOBAL 2000 und WWF Systemvision

Das Szenario “NAWEND” hat das Ziel, ein ganzheitlich gedachtes Wirtschaftssystem, das auf Basis von Kreislaufwirtschaft, verlängerter Produktlebensdauer und Suffizienz aufgebaut ist, abzubilden. Um diese Ziele nachhaltig zu erreichen und die Energiewende umweltverträglich zu meistern, bedarf es einer alternativen Herangehensweise. Die Key Message lautet: „Die Weiterentwicklung zu einem nachhaltigen, naturverträglichen und ressourcenschonenden Energiesystem ist möglich.“ 

Die Ergebnisse der modellbasierten Untersuchungen im Rahmen von zusammEn2040 im Detail

Auf Basis der von GLOBAL 2000 und WWF getätigten Annahmen und der folglich eingegebenen Modellparameter berechnet das Energiesystemmodell ein „optimales“ Energiesystem am Pfad bis 2050. Die wichtigsten Erkenntnisse werden hier dargestellt:

 

Energieverbrauch 

Die Modellergebnisse zeigen: durch Suffizienz- und Kreislaufwirtschaftsstrategien kann der Endenergieverbrauch in AT maßgeblich reduziert werden. Der Endenergiebedarf sinkt bis 2050 um rund 38% gegenüber dem Referenzjahr. Diese massiven Effizienzsteigerungen können nur durch ambitionierte Elektrifizierung und zusätzliche Maßnahmen in der Sanierung und der Kreislaufwirtschaft erreicht werden. Die Grafik zeigt: im Energiesystem der Zukunft ist die Industrie der maßgebende Treiber des Energiedarfs der Nachfragesektoren. In den Sektoren Haushalte und Dienstleistungen und im Mobilitätssektor ist der Energiedarf stark rückläufig.

Das Energiesystem ist bis 2040 vollständig dekarbonisiert – Erdgas wird durch grüne Gase (primär Wasserstoff und Biomethan) ersetzt. Im Energiesystem der Zukunft wird Strom zum wichtigsten Energieträger – es kommt beinahe zu einer Verdopplung des Strombedarfs. Neben erneuerbaren Gasen und Strom, nehmen auch Fernwärme und Biomasse eine wichtige Rolle in der Energiebereitstellung ein. 

Suffizienz ermöglicht maßgebliche Reduktion des Energieverbrauchs


Gesamtsystemischer Überblick  

Der Ausbau von Erneuerbaren und Speichern erfolgt in einem umweltverträglichen Rahmen unter Erhalt des Landschafts- und Naturschutzes. Der Erneuerbaren Ausbau orientiert sich dabei stark am österreichischen integrierten Infrastrukturplan ÖNIP. Damit einher geht ein deutlicher Rückgang der Importabhängigkeit. Österreich wird 2050 zum Nettostromexporteur – dies ist sowohl durch den Erneuerbaren Ausbau als auch durch die Suffizienzmaßnahmen bedingt. Verbleibende Importe - vor allem in der Industrie und im Flugverkehr - werden durch grüne Gase und grüne synthetische Flüssigkraftstoffe gedeckt. 

Durch einen ressourcenschonenden Zugang steigt der Einsatz von Bioenergie bis 2040 nur leicht an (+3 TWh) und ist ab 2040 leicht rückläufig. Dieser Rückgang ist bedingt durch ein verringertes Dargebot an fester Biomasse (-8 TWh im Vgl. zu 2040). Diese Bedarfe können nachhaltig durch nachwachsende Rohstoffe in Österreich gedeckt werden und vereinen dabei Klima- & Umweltschutz.

 

Umweltverträglicher Ausbau der Energieinfrastruktur ist möglich


Energiebedarf in der Industrie 

Der Gesamtsystemmodellierung wurde ein theoretisches Szenario mit starker Tendenz zur Suffizienz, Kreislaufwirtschaft und ambitioniertem Technologieumstieg zugrunde gelegt. Der Gesamt-Energiebedarf der Industrie sinkt dadurch um rund 17% bis 2040. Auch die Elektrifizierung vieler industrieller Prozesse trägt durch Effizienzsteigerungen zur Reduktion des Energiebedarfs bei. Fossiles Erdgas wird durch die erneuerbaren Energieträger Biomethan und Wasserstoff ersetzt. Der verbleibende Anteil an Flüssigkraftstoffen wird primär durch Abfallstoffe gedeckt. 

Dekarbonisierung in der Industrie gelingt durch Suffizienz & Kreislaufwirtschaft


Energiebedarf des Mobilitätssektors

Ein Rückgang der Transportaktivität im Individualverkehr durch den Umstieg auf den ÖV und alternative Mobilitätskonzepte kann den Energie- und Ressourcenbedarf des Verkehrssektor maßgeblich reduzieren. Zusätzlich entfällt aufgrund der Elektrifizierung bis 2050 der Tanktourismus komplett. Der Fahrzeugbestand im Güter- sowie Individualverkehr wird großteils elektrifiziert. Batterielektrisch betriebene Fahrzeuge ersetzen zunehmend fossile Verbrennermotoren – dies führt zu Effizienzsteigerungen und zur Emissionsreduktion. Eine teilweise Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene reduziert das Verkehrsaufkommen und die Schadstoffemissionen. Zusammen mit der vollständigen Elektrifizierung des Bahnverkehrs führt dies zu einer besseren Luftqualität und trägt somit auch zum Umweltschutz bei.

 

Mobilitätswende braucht gesamthaftes Konzept


Energiebedarf des Gebäudesektors

Die Ergebnisse zeigen: Eine hohe Sanierungsrate trägt maßgeblich zur Energiebedarfsreduktion des Gebäudesektors bei und dies bei gleichbleibendem Komfort. Zudem kommt es durch den vermehrten Einsatz von Wärmepumpen zu Effizienzsteigerungen in der Energiebereitstellung. Durch die hohe Sanierungsaktivität und den Einsatz erneuerbarer Heizsysteme gelingt der Ausstieg aus Öl und Gas in der Raumwärme und Warmwasserbereitstellung bis 2040. Der Ausbau erneuerbarer Fernwärme trägt bereits ab 2030 zur Dekarbonisierung des Gebäudesektors bei. 

Sanierung und Erneuerbare Heizsysteme ermöglichen die Dekarbonisierung des Gebäudesektors


Fazit

Eine naturverträgliche Energiewende, die Biodiversitäts- und Klimaschutz vereinbart, ist möglich. Mit einer konsequenten Mobilitätswende, thermischer Sanierung und dem Umstieg auf ein Wirtschaftssystem, das auf qualitative Weiterentwicklungen setzt, kann der Energie- und Ressourcenverbrauchs deutlich gesenkt werden. Ein umfassender Umbau des Energiesystems zu einer sparsamen und 100 % erneuerbaren Energieversorgung in wenigen Jahren braucht ein starkes CO2-Preissignal, Rechts- und Planungssicherheit sowie große private wie auch staatliche Investitionen. Damit wird die NAWEND zu einem Wirtschafts- und Arbeitsplatzmotor.

Abgeleitet aus den Modellergebnissen fordern wir als GLOBAL 2000 und WWF die folgenden Maßnahmen:

Klimaneutralität 2040 ist unverzichtbar

Klimaneutralität bis 2040 ist unverzichtbares Ziel, um der naturverträglichen Energiewende („NAWEND“) die nötige Geschwindigkeit zu verleihen. Wirksame Klimaschutz- und Naturschutzpläne müssen gesetzlich verankert, budgetiert und umgesetzt werden - am besten in einem „Nationalen Aktionsplan für soziale Klima- und Biodiversitätspolitik“. 

Reduktionspfade müssen definiert werden

Reduktionspfade für den Energieverbrauch, die Treibhausgas-Emissionen, den Ressourcenverbrauch und den Flächenverbrauch sind festzulegen. Ein starkes CO2-Preissignal, das sozial treffsicher abgefedert ist, unterstützt die Energiewende wirtschaftlich. Umwelt- und biodiversitätsschädliche Subventionen müssen abgebaut werden. Alle Förderungen und gesetzlichen Rahmenbedingungen sind nach dem „efficiency first“ Prinzip zu optimieren.

Naturverträglichen Ausbau erneuerbarer Energien sicherstellen

Der rasche und naturverträgliche Ausbau erneuerbarer Energiequellen braucht verlässliche Rahmenbedingungen durch Zonierungen, Förderungen, bessere Ausstattung der UVP-Behörden sowie bewusstseinsbildende Maßnahmen in der Bevölkerung. Energienetze und Speicher müssen adäquat entwickelt werden - auch hier ist auf Naturverträglichkeit zu achten. Verteilnetze gehören ausreichend gestärkt und regelbare Ortsnetztransformatoren flächendeckend installiert.

Finanzierung durch öffentliche Investitionen stärken

Verstärkte öffentliche Investitionen für Energieeinsparung, Energieeffizienz, Energie- und Mobilitätswende. Das stärkt die wichtigen Heimmärkte für Innovationen und Produktentwicklung, generiert regionale Wertschöpfung und schafft/sichert Arbeitsplätze. Zusätzlich eine Initiative zur Reduktion von Prozessemissionen starten um teure und energieintensive CCS/CCU und Kompensationsmaßnahmen möglichst zu vermeiden.

Mobilitätswende beschleunigen

Mobilitätswende beschleunigen: Zügige Umsetzung der Masterpläne für Mobilität entlang des Prinzips „vermeiden – verlagern – verbessern“. Priorität für den Ausbau und die bessere Taktung der öffentlichen Verkehrsmittel, parallel zur einer flächendeckenden sicheren Rad-Infrastruktur. Zusätzlich Sofort-Maßnahmen wie niedrigere Tempolimits (maximal Tempo 100 auf Autobahnen und Schnellstraßen, maximal 80 km/h auf Freilandstraßen sowie maximal Tempo 30 im Ortsgebiet) und ein gerechtes Kilometergeld bzw. verbesserte steuerliche Anreize für Beschäftigte, die mit dem Rad zur Arbeit fahren oder damit Dienstwege erledigen.

Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG) reformieren

Verbindliche Zielen für den schrittweisen Ausstieg aus fossilen Heizungen müssen definiert und im EWG verankert werden. Dabei sollen alle Ölheizungen bis spätestens 2035 umgerüstet werden und Gasheizungen bis spätestens 2040. Förderungen müssen sozial gerecht ausgestaltet werden. Weiters soll die Errichtung notwendiger Infrastruktur wie zum Beispiel Fernwärmenetze geregelt werden und das Mietrecht fair reformiert werden, um die Energiewende für alle Beteiligten zu erleichtern.

Qualität von Verfahren verbessern

Bessere und schnellere Verfahren erfordern deutlich mehr fachliche und finanzielle Ressourcen bei Behörden, Gerichten und Gutachter:innen. Das erleichtert auch, die völkerrechtlichen (Aarhus-Konvention) und der EU-rechtlichen Vorgaben vollständig zu erfüllen, um Energiewende-Projekte zu verbessern, naturverträglich auszurichten und die öffentliche Akzeptanz zu sichern.

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