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03.09.2020

Austrian Power Grid: Akzeptanz von Infrastrukturmaßnahmen als Schlüssel für erfolgreiche Energiewende

Der Umstieg auf erneuerbare Energiequellen ist eine der Top-Prioritäten für Europa. Allerdings müssen Verständnis und Akzeptanz für die dafür notwendigen Voraussetzungen und Abhängigkeiten verbessert werden, um die Energiewende auf Schiene zu bringen und die Sicherheit des Energiesystems weiterhin zu gewährleisten.

Wien (OTS) – Austrian Power Grid (APG), Österreichs unabhängiger Übertragungsnetzbetreiber, lud zu einer Podiumsdiskussion über die Fundamente der Energiewende und die Zukunft der Energieversorgung, in Anlehnung an das diesjährige Generalthema des Europäischen Forum Alpbach – "Fundamentals". Wichtige Eckpunkte der Energiezukunft sind der Aus- und Umbau der notwendigen Infrastruktur und die Akzeptanz dieser Maßnahmen in der Gesellschaft. Ohne den Ausbau der Elektrizitätsinfrastruktur sind die Energiewende und das Erreichen der Klimaziele zum Scheitern verurteilt.

Die Akzeptanz in der Bevölkerung ist entscheidend, aber schwierig zu erreichen. Warum? Die meisten Menschen sind sich bewusst, dass z.B. der Ausbau von Windkraftwerken, Speicheranlagen und Netzkapazitäten entscheidend für die Energiewende sind. Doch wenn es um die Umsetzung spezifischer Projekte geht, gibt es lokal oft Widerstand, der die Arbeit an wichtigen Projekten verzögert oder ihre Umsetzung gänzlich verhindert. Diese Haltung könnte folgendermaßen beschrieben werden: „Energiewende? Ja natürlich! Aber nicht vor meiner Tür.”

Breakout-Session in Alpach diskutierte Lösungsansätze

Internationale Experten aus verschiedenen Fachbereichen sprachen über dieses konfliktbehaftete Thema, die Gründe für den offensichtlichen Mangel an Akzeptanz sowie mögliche Lösungsansätze. Dabei wurde deutlich, dass vor allem zwei Dinge entscheidend für eine bessere Akzeptanz von jeglicher für die Energiesysteme der Zukunft notwendigen Infrastruktur sind:

1) Aktive Information über die Abhängigkeiten innerhalb und die Anforderungen an das zukünftige Energiesysteme sowie eine transparente Planung von Infrastrukturprojekten und eine möglichst frühe Einbindung der direkt bzw. indirekt betroffenen Bürger. Die entscheidenden Akteure aus Energiewirtschaft, Politik auf nationaler und internationaler Ebene und auch NGOs oder Wissenschaftler müssen sich aktiv engagieren. Alle Stakeholder sind gefordert, sich folgende Frage zu stellen: Was kann ich für die Energiewende tun und was ist meine Verantwortung in diesem Prozess?

2) Entsprechende Rahmenbedingungen auf nationaler und EU-Ebene, die

a.) die Energiewende beschleunigen;

b.) eine echte Einbindung der Bürger in den Planungsprozess ermöglichen, wobei die Anliegen von Minderheiten berücksichtigt werden, ohne dabei das Gemeinwohl aus den Augen zu verlieren; und

c.) innovative Instrumente zur Verfügung stellen, mit denen es betroffenen Gemeinden und Bürgern möglich ist, auch an den sich ergebenden wirtschaftlichen Chancen teilzuhaben.

Wichtige Aussagen in der Diskussionsrunde:

Rana Adib, geschäftsführende Direktorin von Renewable Energy Policy Network for the 21st Century (REN21), Paris: „Im Hinblick auf den dringend notwendigen Ausbau der erneuerbaren Energiequellen dürfen wir uns nicht nur auf die Bürger verlassen. Regierungen müssen starke politische Entscheidungen treffen, die das Spielfeld für erneuerbare Energieprojekte ebnen und diese Projekte leichter umsetzbar machen, und die es Bürgern ermöglichen, direkt von der Verlagerung zu erneuerbaren Energieträgern zu profitieren. Die Kommunikation des positiven sozialen Nutzens der erneuerbaren Energie und die Einbindung der Bürger in jede Phase der Projektentwicklung sind erfolgreiche Strategien, die Unterstützung für die Projekte zur Entwicklung der erneuerbaren Energiequellen erzeugen.“

Gerhard Christiner, Technischer Vorstand, Austrian Power Grid AG: „Summiert man die Stromerzeugung aus Wasser, Wind, und Photovoltaik in Österreich, wäre bei ausreichender Netzinfrastruktur eine Stromversorgung aller Verbraucher mit erneuerbarer Energie punktuell schon jetzt möglich. Doch die entsprechenden Leitungen fehlen. Durch die Dekarbonisierung von Wirtschaft und Industrie wird der Strombedarf in den kommenden Jahren weiter steigen und damit das Übertragungsnetz noch stärker belastet. Daher müssen alle am Energiesystem Beteiligten ihre Verantwortung wahrnehmen. Eine Verzögerung des dringend notwendigen Netzausbaus würde die Energiewende gefährden.”

Christian Redl, Projektmanager, European Energy Cooperation, Agora Energiewende, Berlin: „Die europäische Energiewende muss schneller umgesetzt werden, denn bis 2030 müssen erneuerbare Energieträger zwei Drittel unseres Stroms liefern und die Energiegewinnung aus Kohle muss stufenweise eingestellt werden; daher muss sich der Einsatz von erneuerbaren Energiequellen in den kommenden Jahren zumindest verdoppeln. Überarbeitete politische Rahmenbedingungen hinsichtlich der erneuerbaren Energieträger, die den Fokus auf Finanzierungs-, Planungs- und Bewilligungsaspekte legen, sind daher entscheidend. Politische Entscheidungsträger müssen in ihrem Diskurs mehr die sich ergebenden Chancen hervorheben, ohne jedoch die sich stellenden Herausforderungen zu vernachlässigen. Die Unterstützung für die Energiewende in der europäischen Bevölkerung ist stark, daher kann unter der Voraussetzung von lokaler Wertschöpfung und Beteiligung, transparenter und vertrauenswürdiger Steuerungssysteme und fairer Planung von Projektstandorten eine inklusive, gerechte und tiefgreifende Energiewende möglich sein.“

Ortwin Renn, wissenschaftlicher Direktor am Institut für Transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS), Potsdam: „Die individuelle Zustimmung zu neuen Infrastrukturprojekten im Bereich erneuerbare Energie hängt von vier Voraussetzungen ab:

(i) Zustimmung, dass die Infrastruktur notwendig und wünschenswert ist,

(ii) positives Verhältnis zwischen Risiko und Nutzen, einschließlich einer fairen Verteilung von potentiellen Risiken und Belastungen;

(iii) Verbesserung der persönlichen Handlungsfähigkeit (besser mehr als weniger Optionen) und

(iv) emotionale Identifikation (Gefühl der Kompatibilität mit meiner Umgebung).

Um diese Voraussetzungen zu erfüllen, müssen Strategien angepasst und Kommunikationsprogramme implementiert werden, die diese vier Punkte berücksichtigen. Vor allem ist jedoch eine direkte Einbindung der betroffenen Bürger in Planung und Betrieb der für die Umsetzung der Energiewende notwendigen Infrastruktur notwendig.”

Catharina Sikow, Direktorin in der Generaldirektion Energie der Europäischen Kommission, Brüssel: „Die europäische Energieinfrastruktur ist einer der Schlüssel für das Erreichen der Klimaneutralität bei gleichzeitiger Förderung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen und Sicherstellung der Versorgung der Haushalte. Es ist notwendig, die Umsetzung der Projekte zu beschleunigen, nicht nur um die von der EU definierten Ziele und Vorgaben im Sinne der Klimaneutralität zu erreichen, sondern auch um der Erholung der Wirtschaft nach der COVID 19 Pandemie einen Schub zu geben. Die Akzeptanz der Projekte seitens der betroffenen Personen und Gemeinden ist dabei der Schlüssel für eine erfolgreiche Umsetzung, sodass die Vorteile schließlich allen Europäern zugutekommen können. Die Kommission strebt eine Stärkung der Transparenz solcher Energieinfrastrukturprojekte an und will sicherstellen, dass die Öffentlichkeit in einer effizienten Art und Weise eingebunden wird, damit die Projekte auf dieser Grundlage besser umgesetzt werden können. In diesem Sinne soll eine Überarbeitung der Bestimmungen, die die Umsetzung von grenzübergreifenden Netzen regeln, bis Ende des Jahres 2020 fertig sein.”

Die Podiumsdiskussion wurde von Madlen Stottmeyer von der österreichischen Tageszeitung “Die Presse” moderiert.

Pressekontakt

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Christoph Schuh

Wagramer Straße 19 (IZD-Tower)
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