Neue Kooperation zwischen den Übertragungsnetzbetreibern von Österreich, Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden soll Kosten für Regelenergie reduzieren und erhöht Versorgungssicherheit
Österreichs Übertragungsnetzbetreiber (TSO) Austrian Power Grid (APG) intensiviert die internationale Zusammenarbeit zum Austausch von Regelenergie. Mit 8. April wurden zwei für die gemeinsame Beschaffung von Primärregelenergie bestehende Kooperationen zusammengeführt. Die Kosten für Regelleistung sollen damit reduziert werden, die Versorgungssicherheit wird erhöht. Schon bisher wurden durch internationale Kooperationen in nur zwei Jahren mehr als 70 Millionen Euro eingespart.
Zusammenführung der bestehenden Kooperationen
Übertragungsnetzbetreiber wie die APG haben die Aufgabe, die Stabilität des Stromnetzes zu gewährleisten und damit die Stromversorgung aufrecht zu erhalten. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, beschafft die APG in wöchentlichen marktbasierten Ausschreibungen so genannte Primärregelleistung: Mit dieser werden Schwankungen im Stromnetz ausgeglichen und das sensible Gleichgewicht zwischen Stromerzeugung und -verbrauch sekundengenau sicherstellt. Die Beschaffung der benötigten Regelenergie war bis vor Kurzem lediglich innerhalb der Regelzone des jeweiligen Übertragungsnetzbetreibers auf nationaler Ebene möglich. Dank einer Kooperation mit dem Schweizer TSO Swissgrid AG kann die APG seit 2013 jedoch auch Regelenergie in der Schweiz beschaffen – und umgekehrt. Thomas Karall, kaufmännischer Vorstand der APG betont: „Die APG hat sich seit Jahren auf die Öffnung des Regelenergiemarkts vorbereitet und ist hier einer der Vorreiter in Europa. Aufgrund der Tatsache, dass der Regelenergiemarkt für die Versorgungssicherheit von größter Bedeutung ist, wird jede Maßnahme auch auf europäischer Ebene koordiniert und abgestimmt.
Marktöffnung schreitet weiter voran
Seit heute kann die APG die benötigte Primärregelleistung darüber hinaus in zwei weiteren Ländern beschaffen: Durch die Zusammenführung der bestehenden Kooperationen zwischen der APG und Swissgrid sowie jener der deutschen Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz Transmission GmbH, Amprion GmbH, TenneT TSO GmbH und TransnetBW GmbH mit der niederländischen TenneT TSO B.V. schreitet die Marktöffnung weiter voran. Thomas Karall weiter: „Mit der Umsetzung des Projekts schaffen wir den größten einheitlichen Markt für Primärregelreserven in Europa mit insgesamt 783 Megawatt ausgeschriebener Leistung. Auch im Rahmen der Vereinigung europäischer Übertragungsnetzbetreiber ENTSO-E nimmt dieses Pilotprojekt europaweit eine Vorreiterrolle ein.“
E-Control begrüßt grenzüberschreitende Zusammenarbeit
Die Regulierungsbehörde E-Control sieht die stärkere grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Regelenergiemarkt positiv. „Das ist ein wichtiger Schritt, um die Kosten am heimischen Regelreservemarkt zu senken“, sagt E-Control-Vorstand Martin Graf. „Eine bessere Zusammenarbeit
mit unseren Nachbarländern erspart teure Maßnahmen, die ansonsten für die Stabilisierung des Stromnetzes nötig wären“, sagt Graf.
Vorteile für den österreichischen Strommarkt
Durch die Erweiterung des grenzüberschreitenden Austauschs von Primärregelleistung ergibt sich für den österreichischen Strommarkt eine Reihe von Vorteilen. So werden beispielsweise höhere Liquidität und größerer Wettbewerb am Primärregelenergiemarkt der teilnehmenden Länder erwartet. Darüber hinaus wird damit bewirkt, dass Preisspitzen, die im Falle einer lokalen Regelreserveknappheit auftreten, besser abgefedert und Einsparungen in der Regelreservebeschaffung erzielt werden können. „Die Einsparungen der diversen Regelenergieausschreibungs- und Netting-Kooperationen der APG zur Reduktion des Regelenergiebedarfs sind beträchtlich: Schon in den ersten zwei Jahren konnten Kosten in der Höhe von in Summe über 70 Millionen Euro vermieden werden. Davon entfallen alleine auf das erste Quartal 2015 mehr als zwölf Millionen Euro“, unterstreicht Karall den bisherigen Erfolg der Maßnahmen. Für die Regelreserveanbieter bedeutet die erweiterte Kooperation den Zugang zu einem noch größeren Primärregelmarkt ohne zusätzlichen technischen und organisatorischen Prüfungsaufwand.
Exkurs: Primärregelleistung
Elektrische Energie lässt sich nicht in großen Mengen speichern. Daher muss zu jedem Zeitpunkt exakt genau so viel elektrische Energie erzeugt werden wie verbraucht wird. Dieses Gleichgewicht gewährleistet den sicheren Betrieb des Stromnetzes bei einer konstanten Frequenz von 50 Hertz. Unvorhergesehene Schwankungen zwischen der Einspeisung elektrischer Energie in das Netz und der Entnahme müssen kurzfristig ausgeglichen werden. Um diese Schwankungen innerhalb von Sekunden ausgleichen zu können, wird die sogenannte Primärregelleistung eingesetzt. Für die Primärregelleistung geeignete Kraftwerke können innerhalb weniger Sekunden ihre Leistungsabgabe erhöhen bzw. verringern. Da die TSOs keine eigenen Kraftwerke besitzen, wird die benötigte Primärregelleistung über wöchentliche Ausschreibungen marktbasiert beschafft. An diesen Ausschreibungen dürfen allerdings nur Anbieter teilnehmen, die vorher eine technische und organisatorische Prüfung (ein sogenanntes Präqualifikationsverfahren) seitens ihres Anschluss-TSOs absolviert haben.
Pressekontakt
Christoph Schuh