Noch nie in der Geschichte wurde so viel Strom exportiert wie am 15. Juni 2020 in der Periode zwischen 22:30 und 22:45 Uhr. Insgesamt 3.943 MW flossen zu diesem Zeitpunkt über das APG Stromtransportnetz ins Ausland. „Der Wert markiert ein historisches Hoch. Auch wenn es sich um eine Momentaufnahme handelt, zeigt das wie volatil und unberechenbar die neue Strom- und Energiewelt ist“, sagt Thomas Karall, kaufmännischer Vorstand der APG. Eine extrem gute Wasserführung, Windspitzen, die die Windräder kräftig Strom produzieren ließen, bei gleichzeitig niedrigem Verbrauch in den Nachtstunden waren der Grund für den Stromüberschuss in Österreich.
Die rund 4.000 MW Leistung sind auch im europäischen Kontext eine beträchtliche Menge, stellen sie beispielsweise rund die Hälfte des heimischen Spitzenverbrauchs während des Sommers in Österreich dar oder entsprechen knapp der doppelten Erzeugungsleistung aller österreichischen Donaukraftwerke.
Bevor ein Import oder Export über die Strominfrastruktur der APG abgehandelt werden kann, bedarf es einer detaillierten Analyse und Prüfung der erwarteten Stromflüsse. Das ist notwendig, weil über so eine weite Strecke der Strom nur über das Übertragungsnetz weitergeleitet werden kann, dessen Kapazität aber häufig zu gering ist. In der Vergangenheit mussten bereits mehrfach erneuerbare Produktionsanlagen (u.a. Wind) in Europa – auch in Österreich – wegen unzureichender Netzkapazitäten gedrosselt werden. „Dies unterstreicht die hohe Bedeutung des Netzausbaus für das Gelingen der Energiewende – denn jede nicht genutzte aber produzierte MW-Stunde aus erneuerbarer Energie ist enorm schade“, konstatiert Karall. Das Allzeithoch zeigt aber auch, wie sensibel das Strom-Management geworden ist: Mussten in den vergangenen Tagen teilweise Erzeugungsüberschüsse in Österreich abgeregelt werden, waren noch wenige Wochen davor hohe Importe und das Anfahren konventioneller Kraftwerke aufgrund einer Flaute und Niedrigwasser in den Wasserkraftwerken zur heimischen Lastdeckung erforderlich. „In der neuen Stromwelt ist durchaus häufiger damit zu rechnen, dass jeweils in gewissen Konstellationen erneuerbar produzierter Strom abgeschaltet und thermische Kraftwerke angefahren werden müssen. Das wird zumindest solange erforderlich sein, bis wir über eine ausreichende Netzinfrastruktur mit genügend Leitungskapazitäten und über eine ausreichende Speicherinfrastruktur verfügen “, weiß Karall.
Pressekontakt
Christoph Schuh
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