Die europäische Agentur der Regulatoren für den Energiemarkt, ACER, hat heute, 23.09.2015 eine Stellungnahme zur Frage des gemeinsamen Strommarktgebiets Österreich-Deutschland veröffentlicht. Gemäß dieser Stellungnahme wird empfohlen, das gemeinsame Marktgebiet aufzulösen. Die Austrian Power Grid AG sieht darin einen großen Rückschritt in der europäischen Strommarktintegration.
Mehr Europa ist die Lösung in der Stromversorgung
Eines der wichtigsten Ziele der europäischen Union ist die Vollendung eines gemeinsamen europäischen Binnenmarkts. In der Elektrizitätswirtschaft wurden erst in den letzten zwei Jahrzehnten echte Fortschritte in der Marktintegration erzielt. Die europäischen Stromnetzbetreiber schaffen mit ihrer Infrastruktur die physische Grundlage für die Verwirklichung des europäischen Strommarkts. Sie unternehmen große Anstrengungen, um die nationalen Märkte aneinander heranzuführen. Sie haben gemeinsame Standards für die Ausgestaltung und die Sicherheit der Systeme erarbeitet, die Kooperation über die nationalen Grenzen hinweg in allen Bereichen verstärkt. Der ACER-Vorschlag, mit dem Marktgebiet Deutschland-Österreich den einzigen derzeit funktionierenden, grenzüberschreitenden Strommarkt Europas aufzulösen, würde einen massiven Rückschritt für das Projekt des europäischen Binnenmarkts bedeuten.
Funktionierender EU-Binnenmarkt als Grundlage für Versorgungssicherheit
Die ambitionierten EU-Ziele zum Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bedeuten eine gesamteuropäische Herausforderung. Die europäische Stromversorgung kann nur langfristig und nachhaltig auf erneuerbare Energieträger umgestellt werden, wenn die Versorgungsstrukturen und Systeme in ganz Europa umgebaut werden. Voraussetzung für das Gelingen dieses Projekts ist ein europaweit funktionierender Strommarkt. Er ist die Grundlage für eine nachhaltige und langfristige Absicherung der Stromversorgungssicherheit Europas.
ACER-Vorschlag fehlt die gesamteuropäische Perspektive
Auslöser für die vorliegende ACER-Stellungnahme war eine Aufforderung der polnischen Regulierungsbehörde, welche die Stromimporte von Deutschland nach Österreich für übermäßige Belastungen des polnischen Stromnetzes verantwortlich macht. Die ACER-Stellungnahme bezieht sich in ihrer Bewertung aber nur auf retrospektive Betrachtungen. Künftige Entwicklungen wie zum Beispiel Netzausbauten und innovative Engpassmanagementmaßnahmen werden dabei überhaupt nicht berücksichtigt. Außerdem fehlt ihr die gesamteuropäische Perspektive.
Umfassende Analyse abwarten und dann Maßnahmen erarbeiten
Die ENTSO-E, die Vereinigung europäischer Übertragungsnetzbetreiber, untersucht derzeit im Rahmen der sogenannten Biddingzone Study, ob die derzeitigen Marktgebiete in Europa technisch und wirtschaftlich effizient sind. Die Biddingzone Studie soll künftig auf Basis der seit 14.8.2015 gültigen EU-Verordnung über Kapazitätsallokation und Engpassmanagement (CACM) alle drei Jahre durchgeführt werden. Das Ergebnis der derzeit laufenden Untersuchungen wird Mitte 2016 vorliegen. Laut APG sollten der derzeit laufende und in Europa abgestimmte Analyseprozess seitens der Übertragungsnetzbetreiber zu Ende gebracht und auf Basis der Untersuchungsergebnisse geeignete Maßnahmen zur Entspannung der gesamteuropäischen Netzsituation ausgearbeitet werden.
Fotocredit: Klosko/photocase.com
Pressekontakt
Christoph Schuh